Flavour in Favoriten
Wiener Gemeinschaft: Chmara.Rosinke gestaltete den Community Cooking Space der Caritas.
Wien, Absberggasse 27, Stiege 3, Erdgeschoss: Hier wird zusammen gekocht und gegessen. In einer ehemaligen Brotfabrik betreibt die Caritas einen Community Cooking Space. Entworfen hat das loftige Ambiente das Designbüro Chmara.Rosinke. Mit dabei: rollende Arbeits- und Kochmodule, weiß-blaue Fliesenwände, Emailletöpfe und rote Stühle.
Maciej Chmara und Ania Rosinke vom Wiener Designstudio Chmara.Rosinke haben in Danzig Design studiert. Als Gaststudenten kamen sie nach Österreich und sind irgendwann in Wien hängengeblieben. Im eigenen Designstudio entwerfen, tüfteln und werkeln sie. Im Fokus ihrer Arbeit steht nicht so sehr das fertige Produkt. Dem Designerduo, das auch privat ein Paar ist, liegt vor allem der Entstehungsprozess, das urbane und soziale Umfeld ihrer Produkte am Herzen.
Learning from … Essen
Dieses Konzept von Design, das immer in einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhang steht, hat auch ihr Projekt im Wiener Stadtteil Favoriten beeinflusst. In der ehemaligen Ankerbrotfabrik betreibt die Caritas eine Gemeinschaftsküche, die auf freiwilliger Spendenbasis funktioniert. Die Idee: gesunde Ernährung und gemeinschaftliches Kochen für die Bewohner des Viertels. Auf dem Programm stehen im Oktober und November beispielsweise sogenannte Kochrunden wie „Saisonale Küche“ oder „Börek, Strudel und Co.“, bei denen man zusammen kocht, voneinander lernt und das Essen in der Runde verspeist.
Making of … Mobile Kitchen
Nahrungsmittel, Küche und Kochen – diese Themen ziehen sich durch die Arbeit von Chmara und Rosinke wie ein roter Faden. Viel Aufmerksamkeit erlangten sie vor vier Jahren mit dem Projekt Mobile Gastfreundschaft. Das Konzept: eine mobile Kücheneinheit, mit der sie in Europa unterwegs waren und auf öffentlichen Plätzen Menschen bekochten – Design als sozialer und gestalterischer Prozess, sozusagen. Daraus entwickelten die findigen Designer zwei Jahre später einen mobilen Präsentationsstand für das schwedische Modelabel COS, ehe sie als MAK-Designer-in-Residence 2013 mit Nomadic Furniture für ein neues, befreites Wohnen plädierten.
Kochen mit Caritas
Ein wenig von der (übrigens gerade sehr aktuellen) DIY-Idee und dem Konzept mobil einsetzbarer Möbel haben Chmara.Rosinke auch in das Projekt Caritas Community Cooking Space hinübergerettet. Auch wenn es sich um einen geschlossenen Raum handelt, stehen rollende Arbeits- und Kocheinheiten im Mittelpunkt des Entwurfs. Mit Induktionskochfeldern, Arbeitsflächen und Schubläden versehen, sind die maßgefertigten Container flexibel in der Nutzung, zumal ein Modul barrierefrei gestaltet ist. Braucht man die modularen Möbel gerade nicht, werden sie einfach unter die Holzarbeitsfläche an der Wand geschoben.
Den mobilen, sehr farbintensiven Modulen gegenübergestellt haben Chmara.Rosinke fest an der Wand installierte Küchenmöbel: Unterschränke in Weiß und Hellgrau mit Spülbecken und Backofen. Einfache, darüber angebrachte Regale bieten Platz für Küchenutensilien und Emaillekochtöpfe von Riess. Darunter hängen an einer Reling vor einer blau-weiß gefliesten Wand griffbereit Schöpfkellen und allerlei anderes Küchengerät. Ein großer Tisch mit knallroten Thonet-Stühlen (aus dem Programm 404 von Stefan Diez und dem Programm 107 von Robert Stadler) lädt zum gemeinsamen Essen ein.
Eine öffentliche Küche
Der Community Cooking Space der Caritas will Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft zusammenbringen, das Bewusstsein fördern für gesunde Ernährung. Das gelingt nicht nur mit attraktiven Programmen, die mit Spenden finanziert und somit für jeden erschwinglich sind. Das Projekt lockt ebenso mit einer gelungenen Gestaltung: ein luftig-heller, sehr unprätentiöser Küchenraum. Der unterscheidet sich wohltuend von öffentlichen Küchen (beispielsweise in Schulen), die gemeinhin sehr steril und nur wenig spielerisch sind. Auch deshalb, weil die Designer es farbenfroh mögen. I-Tüpfelchen des Projekts ist aber sicherlich die Location: eine ehemalige Brotfabrik in einer imposanten Industriearchitektur aus dem späten 19. Jahrhundert, mitten in Favoriten. Hier kommt jeder gern hin – und wandelt umher zwischen Galerien, Ateliers und Cafés.